Erhöhung des gruppen­prophylak­tischen Betreuungs­grades in Kita und Förder­schule - Teil der Mund­gesund­heits­ziele 2030

Gesundheitsziele sollen ein abgestimmtes zielgerichtetes Handeln im Gesundheitswesen und darüber hinaus fördern. Im föderal strukturierten Gesundheitswesen in Deutschland ist ein übergreifender Gesundheitszieleprozess wichtig, um die unterschiedlichen Interessen der vielfältigen Akteure und Organisationen an gemeinsam getragenen Zielen auszurichten (siehe auch gesundheitsziele.de).

Bei der Weiterentwicklung der Mundgesundheitsziele wurden die rein zahnbezogenen Kriterien sowohl um krankheitsbezogene als auch mundgesundheitsförderliche und präventive Zielstellungen erweitert. Damit werden die Schnittstellen von Mund- und Allgemeingesundheit in den Fokus genommen, die Wertigkeit der regelmäßigen zahnärztlichen Untersuchungen dargestellt aber auch der weitere Ausbau der zahnmedizinischen Gruppenprophylaxe ausdrücklich als Ziel formuliert.

Die allgemeinen Zielsetzungen lauten:

  1. Die durch Zahn-, Mund- und Kiefererkrankungen bedingte Morbiditäts- und Mortalitätsrate reduzieren und dadurch die Lebensqualität verbessern.
  2. Notwendige Strukturen und Programme für die Mundgesundheitsversorgung, die anhand systematischer Überprüfung der bestmöglichen Praxiserkenntnisse erarbeitet wurden, unterstützen.
  3. Vorhandene, kosteneffiziente (Mund-)Gesundheitskonzepte zur Prävention und zur Kontrolle von Zahn-, Mund- und Kiefererkrankungen sowie zur Verbesserung der Allgemeingesundheit unter Berücksichtigung allgemeiner Risikofaktoren (gemeinsamer Risikofaktorenansatz) unterstützen. Mundgesundheitsprogramme zur Verbesserung der Mundgesundheit bei sozialen und medizinischen Risikogruppen entwickeln.
  4. Integration der Mundgesundheitsförderung und -versorgung in andere, die Gesundheit beeinflussende, Bereiche („Health in All Policies, HiAP“).
  5. Systeme und Maßnahmen zur prozess- und ergebnisorientierten Evaluation der Mundgesundheit unterstützen.
  6. Die soziale und berufsethische Verantwortung des zahnärztlichen Berufsstandes fördern.

Bei der Darstellung der ausformulierten Mundgesundheitsziele bis zum Jahr 2030 wird das Erreichen der Zielvorgaben 2020, falls bereits vorhanden,  bewertet. Die für das Erreichen der neuen Ziele abzuleitenden Handlungsempfehlungen werden ausführlich im Papier der Autorengruppe (Ziller, S., Oesterreich, D., Jordan, A. R.: Mundgesundheitsziele für Deutschland bis zum Jahr 2030. Zahnmed Forsch Versorg 2021, 4: 1, http://dx.doi.org/10.23786/2021-4-1) beschrieben.

Alter Ziele Deutschland 2030
3 Jahre (Milchzähne) 90 % Kariesfreiheit; max. 0,4 dmft
6 - 7 Jahre (Milchzähne 80 % kariesfreie Gebisse; max. 1,5 dmft
12 Jahre 90 % kariesfreie Gebisse, <=0,5 DMFT
35 - 44 Jahre MT-Wert <=1,7; 10 % schwere parodontale Erkrankungen
65 - 74 Jahre < 10 % vollständig zahnlos; 20 % schwere parodontale Erkrankungen
75 - 100 Jahre < 30 % vollständig zahnlos

Die weiteren allgemeinen und übergreifenden Ziele lauten:

  • Mindestens 50 % der Implantatträger weisen gesunde periimplantäre Verhältnisse auf.
  • Das Erkennen und die frühzeitige, gezielte Diagnostik von Mundschleimhautveränderungen, insbesondere Präkanzerosen, Prothesenstomatitis und von manifesten Tumoren in der Mundhöhle, sollen verbessert werden.
  • Die Mundgesundheit der Bevölkerung soll durch ein optimales Mundhygiene- und Inanspruchnahmeverhalten weiter verbessert werden.

a) Verbesserung des Mundhygieneverhaltens: Der Anteil derjenigen, die sich mindestens zweimal täglich die Zähne putzen, soll sich über alle Altersgrupen um 5 % erhöhen (Basiswerte nach Jordan und Micheelis, 2016)

b) Verbesserung des Inanspruchnahmeverhaltens: Der Anteil derjenigen, die mindestens einmal jährlich kontrollorientiert zum Zahnarzt gehen, soll sich über alle Altersgruppen um 5 % erhöhen (Basiswerte nach Jordan und Micheelis, 2016)

  • Die deutsche Zahnärztschaft unterstützt, in Zusammenarbeit mit den wissenschaftlichen Fachgesellschaften, eine kontinuierliche Mundgesundheitsaufklärung der Bevölkerung für eine umfassende Verbesserung der Mundgesundheit.
  • Maßnahmen zur Reduzierung des Tabakgebrauchs sowie des chronischen Alkoholabusus in der Bevölkerung im Interesse einer ursachenorientierten Vermeidung oraler und systemischer Erkrankungen sind durch Zahnärztinnen und Zahnärzte zu unterstützen. Die Information über die Folgen des Tabakkonsums (auch in Verbindung mit chronischem Alkoholmissbrauch) für die Mundgesundheit sowie eine Anti-Raucherberatung sollen in die Routine der täglichen zahnärztlichen Praxis integriert werden.
  • Ernährungsberatung durch den Zahnarzt verstärken, einschließlich auf in Nahrungsmitteln enthaltene Säuren hinweisen, zur deutlichen Reduzierung des (versteckten) Zuckerverzehrs bei Säuglingen und Kindern, um die Prävalenz früh auftretender Karies sowie erosiver Zahnhartsubstanzdefekte zu reduzieren. Interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Pädiatern, Gynäkologen und Hebammen (Schwangerenberatung).
  • Erhöhung der Verbreitung von fluoridiertem Speisesalz als eine semikollektive kariesprophylaktische Maßnahme, die breitenwirksam soziale und medizinische Risikogruppen erreicht, auf 70 %. Es sollte immer nur eine Form von systemischer Fluoridsupplementierung erfolgen (Fluoridanamnese).
  • Der gruppenprophylaktische Betreuungsgrad in Kindergärten und in Grundschulen soll mindestens 80 % betragen.
    Der gruppenprophylaktische Betreuungsgrad in Förderschulen soll mindestens 90 % betragen.

 

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